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Mythos
Die russische Seele – häufig beschworen, häufig zitiert. Was macht sie aus? Um dies zu beschreiben muss man wissen, dass Russland als Vielvölkerstaat unterschiedlichste Kulturen, Konfessionen und Einflüsse sowohl westlicher wie auch östlicher Art in sich vereint. Dennoch entwickelten sich Eigenarten, die Russland kennzeichnen und unter den Synonym der russischen Seele zusammengefasst wurden. Diese wird gern von Kritikern des westlichen Lebensstils bemüht.
Die „russische Seele“ beschreibt aus Sicht der Forschung eine stetige Bipolarität, die sich in extremen Gegensätzen ausdrückt, welche sich in der russischen Volkskultur wiederfinden. So ist dem russischen Volk ein Streben nach dem absolut Äußersten zueigen, jedoch mit der Bereitschaft, sich innerhalb kürzester Zeit dem Gegenteil zuzuwenden. Eine weitere Charakteristik ist die eklatante Schicksalsergebenheit, die ausgeprägte Geduld, der Hang zum Aberglauben und die Befähigung bzw. die Bereitschaft des Leitertragens. Darüber hinaus kennzeichnet diese Stereotype eine evidente Heimatverbundenheit, was sich auch in der Bezeichnung „Mütterchen Russland“ widerspiegelt.
Des Weiteren zeichnet sie sich durch eine Alles-oder-Nichts-Mentalität aus, die kompromisslos ist und keine Fixierung auf die Mitte zulässt. Außerdem ist das russische Volk dafür bekannt, Gefühle jeglicher Art, ob positiv oder negativ, stets deutlich zu artikulieren, was im Ausland häufig irritierend wirkt. Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass Gefühle für die Russen eine übergeordnete Rolle spielen und Rationalität im Gegensatz zu westlichen Kulturen im Hintergrund steht. Daher ist den Menschen in Russland auch die individualistische, rational denkende Lebensweise des Westens fremd.
Ein weiteres Charakteristikum Russlands ist das deutliche Gemeinschafts- und Solidaritätsgefühl. So ist die Allgemeinheit nach dem Sinne des Kollektivismus geformt, welche die Verbundenheit zu einer Gruppe anstrebt. Dies hat weniger mit der Zeit der Sowjetunion zu tun, wie dies oft propagiert wird. Vielmehr hat dies seinen Ursprung weit vor deren Entstehung, als sich das Leben vieler Russen noch in der bäuerlichen Dorfgemeinschaft, dem Mir, abgespielt hat. Dort waren Grund und Boden Gemeingut, so dass sich dies tief in die Gedanken eingegraben hat und somit das Wohle sowie die Interessen Aller stets über das Leben bzw. die Interessen des Einzelnen gestellt werden. Daher rührt auch die Bemühung, sich über die Gemeinschaft zu definieren und die eigenen Verhaltensweisen sowie Äußerungen möglichst mit dem Kollektiv in Einklang zu bringen. Dies zeigt sich auch im beruflichen Umfeld, in dem der Kollegenkreis als Gemeinschaft verstanden wird und jeder das Bestreben hat, die Verbundenheit zu stärken.
Ein äußert wichtiger Bezugspunkt ist die Familie, da sie das kleinste Kollektiv darstellt. So lebt man mit ihr in jeglicher Richtung und es besteht ein enge Bindung. Häufig wohnen mehrere Generationen unter einem Dach und unterstützen sich gegenseitig sowohl finanziell als auch immateriell, so zum Beispiel bei der Betreuung von Kindern oder Senioren.