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Erlöserkirche
Das Bauwerk der Christ-Erlöser-Kathedrale ist das zentrale Heiligtum der Russisch-Orthodoxen Kirche sowie eines der größten orthodoxen Kirchengebäude der Welt. Es stellt ein weithin sichtbares Wahrzeichen Moskaus dar.
Anlass für die Errichtung der 103 Meter hohen Kathedrale war ein Manifest von Alexander I., der den Sakralbau im Jahre 1814 aus Dankbarkeit für die Rettung Russlands und den siegreichen Feldzug gegen Napoleon in Auftrag gab.
Die Geschichte dieser Gebetsstätte ist sehr wechselvoll, was bereits mit dem ersten Baubeginn des Gotteshauses in Verbindung steht. Dieser wird auf das Jahr 1817 datiert, in welchem die Grundsteinlegung stattfand. Der damalige Entwurf sah vor, dass das Gebäude eine Höhe von zirka 250 Metern haben und der Kuppelkonstruktion des Petersdomes in Rom oder der Kasaner-Kathedrale von Sankt Petersburg nachempfunden sein sollte. Als erster Platz der Grundsteinlegung hatten sich die Erbauer die Erhebung auf den Sperlingsbergen ausgesucht. Dort sollte das Bauwerk von jedem Ort Moskaus aus sichtbar sein. Diese Planungen legte man jedoch bald wieder beiseite, nachdem sich der Baugrund als zu instabil herausgestellt hatte und der Architekt wegen Untreue bei der Materialbeschaffung angeklagt worden war.
Daraufhin gab der neue Zar Nikolai I. ein weiteres Objekt in Auftrag, welches sich von dem alten jedoch grundlegend unterschied. So war die Kathedrale nun am Moskwa-Ufer geplant und sollte in des Nachbarschaft des Kremls liegen. Auch architektonisch hob sie sich von dem ersten Entwurf ab, da ihr Architekt Konstantin Thon (1794-1881) sich an der traditionellen, für orthodoxe Heiligtümer typischen russisch-byzantinischen Bauweise orientierte und die Kirche somit harmonisch in das Moskauer Stadtbild einfügte.
Nachdem Konstantin Thon seine Ausarbeitungen beim Zaren vorgestellt hatte, billigte dieser am 19.04.1832 das Vorhaben und die Planungen wurden in die Tat umgesetzt. Problematisch war nur, dass sich an der beabsichtigten Stelle ein Frauenkloster befand, welches zunächst abgetragen werden musste.
Daraufhin wurde das Kloster nach Sokolniki, einem Vorort Moskaus umgesiedelt und im September 1839 fand nach der Bereinigung des Bauplatzes die feierliche Grundsteinlegung am Moskwa-Ufer statt. Allerdings ahnte zu diesem Zeitpunkt wohl niemand, dass die Erbauung 44 Jahre in Anspruch nehmen sollte. Gründe waren zum einen die Komplexität des Entwurfes, zum anderen die geologischen Bedingungen vor Ort, denn allein für die Grundmauern der Kathedrale mussten 100.000 Kubikmeter Erdreich bewegt werden, in Folge dessen nach Aufzeichnungen zwei Friedhöfe und ein Mammut gefunden worden sein sollen.
Das Gotteshaus sollte im Jahre 1881 an die Gläubigen übergeben werden, dies scheiterte jedoch an der Ermordung des Regenten Alexander II. im März des gleichen Jahres. Daher dauerte es bis zum Jahre 1883 bis die Gebetsstätte mit einem feierlichen Feuerwerk und dem Glockengeläut aller Moskauer Kirchen eingeweiht wurde. Die Weihung fand zusammen mit den Krönungsfeierlichkeiten von Alexander III. am 26.05.1883 statt. Bis dato diente der Sakralbau anderen Zwecken. Einen seiner Höhepunkte erlebte er beispielsweise bereits im Jahre 1882, als in ihm die erfolgreiche und feierliche Uraufführung von Tschaikowskys Ouvertüre 1812 veranstaltet wurde.
Seit der Einweihung war die Kirche das Zentrum der russisch-orthodoxen Lebens-gemeinschaft. In ihr veranstalteten die Gläubigen alle wichtigen Festakte und Gottesdienste, die mit einer besonderen Bedeutung verbunden waren. Dazu kann der 100. Jahrestag des Sieges über Napoleon im Jahre 1912 genauso gezählt werden wie das 300-jährige Herrschaftsjubiläum der Romanow-Dynastie. Darüber hinaus wurden in den späteren Jahren die Andenken an erfolgreiche Feldzüge insoweit in der Kathedrale verfestigt, als das in ihr die Flaggen und Schlüssel der eroberten Städte aufbewahrt wurden.
Die Oktoberrevolution überstand das Gotteshaus unbeschadet, doch dann wurde es am 5. Dezember 1931 im Einvernehmen Stalins gesprengt, um dem Palast der Sowjets Platz zu machen. Nachdem allerdings Statiker feststellten, dass die Fundamente nicht tragfähig genug für das geplante Objekt waren, entschied man sich statt dessen zum Bau des Schwimmbades „Moskwa“. Einige Fresken des früheren Gebäudes konnten jedoch vor der Zerstörung bewahrt werden und befinden sich heute im Donskoy-Kloster von Moskau.
Ende der 1980-er Jahre kam es während der Zeit der Glasnost und Perestroika zu einer Rückbesinnung der Menschen auf die alten, orthodoxen Werte und zu einer Wiederkehr der russisch-orthodoxen Kultur. In dessen Folge forderte die Öffentlichkeit immer stärker den Wiederaufbau der Kathedrale, um das einst geistige Zentrum der Glaubensgemeinschaft wieder zu errichten. In diesem Zusammenhang bildete sich 1990 eine Bürgerinitiative heraus, die sich für den Neubau des Sakralbaus stark machte.
Der damalige Präsident Boris Jelzin schuf 1992 eine Stiftung, die Spenden für die Rekonstruktion entgegennehmen sollte und so konnte bereits am 7. Januar 1995, dem Tag des orthodoxen Weihnachtsfestes, die Grundsteinlegung für die neue Kirche erfolgen, nachdem das Schwimmbad abgetragen war. Der Wiederaufbau zählte zu den ehrgeizigsten Großprojekten Moskaus in den 1990-er Jahren. Er kostete etwa 170 Millionen Dollar und wurde zum größten Teil aus Spenden finanziert, die von Organisationen und Privatpersonen getragen wurden.
Um das Heiligtum möglichst originalgetreu wiedererstehen zu lassen, verwendeten die Bauherren nicht nur ursprüngliche Pläne und Zeichnungen, sondern stützten sich auch auf Fotos und Âussagen von Zeitzeugen, die sich in den Archiven fanden.
Wie schon der Ursprungsbau, wurde die jetzige Kirche im historischen, sogenannten pseudorussischen Stil errichtet. Dieser orientiert sich an den Traditionen altrussischer Baukunst in Verbindung mit Elementen der byzantinischen Architektur. Ansonsten griff man bei der Fertigung selbstredend auf moderne Herstellungstechniken zurück, was die Bauzeit entscheidend verkürzte. Ein Beispiel dafür ist, dass anstelle von Backstein für die Grundmauern Stahlbeton verwendet wurde und statt ursprünglich 400 Kilogramm Gold für die Vergoldung der Kuppeln lediglich 12 Kilogramm Blattgold notwendig waren. Trotz der unterschiedlichen Fertigungsverfahren wurde jedoch stets auf höchste Detailtreue geachtet, womit ein Bauwerk entstand, das sich kaum vom Original unterscheidet. So ist auch die neue Kathedrale 103,5 Meter hoch und ähnelt von oben einem 85 Meter breiten, seitengleichen Kreuz.
Der Innenraum der Kirche besticht durch seine Höhe von bis zu 79 Metern und bietet bis zu 10.000 Gläubigen Platz. Mit etwa 524.000 Kubikmetern Innenraumvolumen ist der Sakralbau das größte russisch-orthodoxe Bauwerk der Welt. In dessen Zentrum steht ein Altar mit einer 27 Meter hohen Ikonostase, der seinerseits einer Kapelle nachempfunden wurde. Sein zentraler Teil ist der Geburt Christi gewidmet, während der seitliche Teil mit Ikonen geschmückt ist, welche die Darstellungen des kanonisierten Fürsten Alexander Newski und des Heiligen Nikolaus von Myra zeigen.
Im Jahre 2000 fand schließlich die feierliche Weihung der neuerstandenen Erlöser-Kathedrale im Herzen von Moskau statt, zu der viele prominente Persönlichkeiten erschienen. Eine Autorität Russlands, der ehemalige Staatspräsident Boris Jelzin wurde nach seinem Tod im April 2007 öffentlich in dem Gotteshaus aufgebahrt, wo Zehntausende von ihm Abschied nehmen konnten. Zu der anschließenden Trauerfeier fanden sich unter anderem Wladimir Putin, Georg W. Bush Senior, Bill Clinton und Michail Gorbatschow sowie der damalige Bundespräsident Horst Köhler ein. Am 7. Dezember 2008 wurde dann die Totenmesse für den Patriarchen Alexij II. abgehalten, zu der hunderttausende Menschen kamen, um sich von dem Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche zu verabschieden.