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"Sieben Schwestern"
Als weitere Sehenswürdigkeit erheben sich hoch über der Metropole Moskau die „Sieben Schwestern“, von den Russen gern „Stalinfinger“ oder „Stalins Kathedralen“ genannt. Es sind sieben Bauwerke ähnlichen Ausmaßes mit einer Höhe von bis zu 240 Metern, die im Zuckerbäckerstil erbaut und von J. Stalin 1947 in Auftrag gegeben wurden. Gemäß seiner Philosophie sollten sie anders sein als vergleichbare Bauten in den USA. Bei ihnen sollte Schönheit statt Funktionalität im Vordergrund stehen und damit das Sinnbild der neugeschaffenen sowjetischen Lebensform sowie des Sozialismus verkörpert werden.
Die Anfänge dieses Bauvorhabens liegen jedoch bereits weiter zurück. Hintergrund ist ein Generalplan aus dem Jahre 1935, der als Reaktion auf die stetig wachsende Bevölkerung Moskaus entstand. So wuchs die Einwohnerzahl allein innerhalb eines Zeitraums von 1926–1936 von 2,0 Millionen auf mehr als 3,6 Millionen Menschen an. Diese Entwicklung erforderte Veränderungen. Daher entschied man sich, alte Gebäude in der historischen Altstadt abzutragen und an ihrer Stelle neue, monumentale Bauwerke zu errichten. Zentrum dieser Überlegungen sollte der Palast der Sowjets sein, ein 415 Meter hohes Objekt, welches von einer überdimensionalen Lenin-Statue gekrönt gewesen wäre. Zwar begann man zunächst auch mit den Bauarbeiten, musste diese jedoch schon wenige Zeit später aufgrund des Großen Vaterländischen Krieges (Zweiter Weltkrieg) wieder einstellen.
Nach Kriegsende änderten sich die Präferenzen, da Moskau viele Gebäudeschäden im Laufe der Kampfhandlungen erlitten hatte. Resultat der modifizierten Überlegungen war ein Ensemble monumentaler Bauten. Diese sollten zum einen altrussische Baukunsttraditionen widerspiegeln, die seit den 1930-er Jahren häufig vernachlässigt wurden. Zum anderen wollte man mit ihnen die Bedeutung der Sowjetunion als Siegermacht unterstreichen. Dazu wurde 1947 der damalige Generalplan abgeändert und die Errichtung acht ähnlich aussehender Hochhäuser beschlossen, welche sich um den Palast der Sowjets gruppieren sollten. Um der Symbolik der UdSSR als Großmacht Ausdruck zu verleihen, war ihre Entstehung an verschiedenen, wichtigen Knotenpunkten Moskaus geplant, wo sie das Stadtbild entscheidend prägen sollten. Staatsoberhaupt J. Stalin, welcher die Ausarbeitungen äußerst aufmerksam mitverfolgte, war ebenfalls von dieser Idee begeistert und deshalb wurde verfügt, den Grundstein für das erste Objekt während der Feierlichkeiten des 800-jährigen Bestehens der Stadt im September 1947 zu legen. Es handelte sich dabei um das Stalin-Hochhaus, welches heute die Lomonossow-Universität beherbergt.
Unter diesen Planungen litt die Fertigstellung des Palastes der Sowjets, dem selbst J. Stalin kein übergeordnetes Interesse mehr entgegenbrachte. Daher wurde der Bau dieses Turmhauses immer wieder zurückgestellt, bis es schließlich nach seinem Tod endgültig ad acta gelegt wurde. Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass sich die Realisierung als praktisch unmöglich herausstellte, da die ursprünglich konzipierten Fundamente nicht stabil genug gewesen wären, um ein Gebäude eines solchen Ausmaßes tragen zu können. Später, in den 1960-er Jahren errichtete man auf den Fundamenten des bereits dreißig Jahre zuvor begonnenen Palastes das Schwimmbad „Moskwa“, dass jedoch die Reformzeit von Glasnost und Perestroika nicht überstand. Vielmehr wurde es 1990 wieder abgerissen, um der an dieser Stelle früher stehenden Christ-Erlöser-Kathedrale Platz zu machen, die dort von 1994-2000 originalgetreu wiederhergestellt wurde.
Als Ergebnis der damaligen Arbeiten blieben die „Sieben Schwestern“ übrig, da der Bau des achten Hochhauses nie realisiert wurde. Ursache dafür könnte sein, dass es in unmittelbarer Nähe des Kremls gestanden und diesen mit mehreren Hundert Metern Höhe optisch überragt hätte.
Nach der Fertigstellung der Bauten war beabsichtigt, in anderen sozialistischen Ländern ebenfalls solche Türme zu errichten, um die Bedeutung der Sowjetunion zu unterstreichen. Sie sollten zeigen, dass der Sozialismus mit dem Kapitalismus mithalten könne, ihm sogar überlegen sei; denn als Symbol für den Kapitalismus stand immer die USA, allen voran die Stadt New York mit ihren Wolkenkratzern. Um dies zu bekräftigen, findet sich unter anderem in Warschau der Kulturpalast, welcher zumindest dem Turm der „Sieben Schwestern“ sehr ähnlich erscheint und nicht zuletzt vom selben Architekten entworfen wurde. Derzeit gibt es in Polen wieder Überlegungen, wie man mit diesem Objekt verfahren soll, da die einen es lieben, andere es aber als russisches Monument ansehen, was in Verbindung zu Russland für viele Polen immer wieder schlechte Erinnerungen hervorruft. Andere Hinweise auf ähnliche Bauten finden sich in Riga, wo ebenfalls ein Kulturpalast errichtet wurde, der heute der Lettischen Akademie der Wissenschaften als Hauptsitz dient. Auch in Bukarest entstand von 1952-1956 das „Casa Presei“, das Pressehaus und in Prag wurde von 1952-1954 das jetzige „Crowne Plaza Hotel“ erbaut. Überdies waren in der DDR Nachbildungen dieser Bauwerke geplant, so zum Beispiel in Berlin, Leipzig, Dresden und Magdeburg, welche jedoch nie zur Ausführung gelangten.
Heute beherbergen die Turmhäuser in Moskau neben der Lomonossow-Universität das russische Außenministerium, das Ministerium für Schwerindustrie, das Hotel „Ukraina“, das Hotel „Leningradskaja“ sowie zwei Appartementkomplexe.