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Russisch-Orthodoxe Kirche
Die größte Gruppe nehmen die Anhänger der Russisch-Orthodoxen Kirche ein. Die Geschichte dieser Glaubensrichtung ist fast so alt wie der russische Staat selbst, da sie bereits im 10. Jahrhundert durch Ostslawen verbreitet wurde. Ursächlich dafür wird der enge Kontakt zu Byzanz gesehen, da die frühen Handelsbeziehungen größtenteils auf Konstantinopel ausgerichtet waren. Als erste Herrscherin ließ sich Fürstin Olga, welche von 893–924 lebte, taufen, was jedoch noch nicht dazu führte, dass sich die neue Religion in Russland durchsetzen konnte. Erst 988 / 989 wurde die Orthodoxie zur Staatsreligion erhoben und mit der Massentaufe der Kiewer Bevölkerung untermauert. Danach setzte in nur 35 Jahren eine vollständige Bekehrung der Bevölkerung ein, was bewirkte, dass die neue Kirche zu einer tragenden gesellschaftlichen Säule Russlands wurde.
Die Missionierung durch die Ostslawen hatte zur Folge, dass das Russische Reich keine kulturellen Beziehungen zur römischen Kirche knüpfen konnte, da sich das byzantinische Christentum seinerzeit von Rom abgrenzte und teils gegenteilige Auffassungen vertrat. Somit gaben die Missionare ihre antirömischen Tendenzen auch an die neuen Anhänger ihrer Religion weiter.
Nachdem die Mongolen das Großreich um Kiew, auch altrussischer Staat genannt, vernichtet hatten, siedelte der Kiewer Metropolit im 14. Jahrhundert zunächst nach Wladimir über, bevor er 1328 seinen Sitz in Moskau nahm.
Im 15. Jahrhundert trennte sich die Russisch-Orthodoxe Kirche endgültig vom griechisch-orthodoxen Patriarchat in Konstantinopel, nachdem sich dieses aufgrund des Niedergangs von Byzanz wieder der römischen Kirche annäherte und gegenüber dem Papst zu Kompromissen und Zugeständnissen bereit war. Dies war auch die Geburtsstunde der dritten Roms, einer Konzeption von Moskau, die den „wahren christlichen Glauben“ propagieren wollte.
Unter Peter I. wurde das Patriarchat zunächst aufgehoben und durch den Heiligen Synod ersetzt, welches ein ständiges Gremium an der Spitze der Russisch-Orthodoxen Kirche darstellte. Dieses wurde jedoch 1917 im Rahmen der Oktoberrevolution wieder beseitigt und erneut durch die Einsetzung eines Patriarchen abgelöst.
Vor 1917 gab es strenge Regularien für die Anhänger der russischen Orthodoxie. So war es den Gläubigen nicht gestattet, zu einer anderen Konfession, selbst wenn diese ebenfalls christlich war, zu konvertieren oder Personen zu heiraten, die als „Nichtchristen“ galten. Dies änderte sich erst 1905, als die Grundsätze verändert wurden. Diese Erleichterungen sollten jedoch nicht lange anhalten, da es ab 1917 zu einer Unterdrückung der Religionsanhänger kam. So galt die Religion als Symbol der Autokratie und war daher von den kommunistischen Herrschern Russlands unerwünscht. Dies führte unter anderem dazu, dass zwischen 1918 und 1939 zirka 40.000 Menschen hingerichtet wurden und die Anzahl der Gemeinden, welche 1917 noch auf 77.800 beziffert wurde, bis 1941 auf 3.100 sank.
Nach dem Ende der Sowjetunion kam es zu einer Rückbesinnung auf die alten, traditionellen, christlich-orthodoxen Werte, was sich besonders in den ländlichen Regionen bemerkbar machte. So wurden viele Klöster gegründet bzw. wiedererrichtet und die Zahl der Gläubigen wuchs auf 100 Millionen Menschen an. Allerdings sind nur 5-10 % von ihnen regelmäßige Kirchgänger, da sich ein Drittel der Bevölkerung noch immer als Atheisten sieht.
Dennoch genießt die Kirche in Russland großes Vertrauen, da sie vom Volk als Institution angesehen wird, die wichtige Werte vermittelt und den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft stärkt. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch die russische Regierung, welche die Orthodoxie als Garant für Stabilität und gegenseitige Solidarität der Bevölkerung sieht. Die Kirche selbst definiert sich als Vertreter der Interessen der Bevölkerung ohne jedoch im Widerspruch zur Regierung zu stehen.